Der kluge Storch

„Ich liebe sie, ich liebe sie,
die makellose Theorie!“
So tut’s der Storch dem Weltenrund
mit allgemeinem Klappern kund.

Und fängt dann eifrig an zu lehren,
sucht seine Mitwelt zu bekehren:
Als Weltenoberlenkstratege
kennt er für alles neue Wege.

Es komme auf die Bildung an,
belehrt er gnädig jedermann.
Wenn man befolge sein Geheiß,
dann wird die Welt zum Paradeis.

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Einst bracht‘ der Storch die Kinderlein.
Wie war das fein!
Doch heut‘ ist er Professor
und weiß nun alles bessor.

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Mit der Ernährung fängt er an,
verkündet uns den Speiseplan.
Denn nur wer isst, was wirklich gut,
danach getreulich solches tut.

Die Sprache soll man auch recht formen
nach neuer Sitte weisen Normen.
Was soll’s, dass wir es anders kennen,
will es Herr Storch nun neu benennen.

Und im Bereich der Medizin,
da schwört er ganz auf’s Moralin.
Mit dessen mächt’ger Wunderkraft
agiert er wahrlich meisterhaft.

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Einst bracht‘ der Storch die Kinderlein.
Wie war das fein!
Doch heut‘ ist er Professor
und weiß nun alles bessor.

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Doch wenn man eine Frage stellt,
die dem Herrn Storch nicht wohlgefällt,
dann fährt er schier aus seiner Haut,
weil man der Theorie misstraut.

Nicht zählen selbstbezeugte Fakten –
die legt er zügig zu den Akten.
Nicht gilt, dass and’res man gesehen –
er tut, als wär‘ das nie geschehen.

Als Oberrichter, streng und klug,
entscheidet er auf Gunstentzug.
Denn solch ein zweifelndes Subjekt
taugt kaum für’s Weltenglücksprojekt.

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Der Philosoph
hält uns für doof
und macht doch in den Hinterhof!